Rudolf Davidsohn, geb. 15. 9. 1881 in Augsburg, lebte etwa von 1920–1938 in Werder, hat überlebt, wohnte nach 1945 in Potsdam–Babelsberg.
Adresse in Werder: Eisenbahnstraße 134
Rudolf Davidsohn war von Beruf »Kaufmann«, verheiratet war er mit Erna Davidsohn, geb. Millert, die nicht unter die »NS–Rassegesetze« fiel. Das Ehepaar hatte ein Kind. 1919 stellt Rudolf Davidsohn einen Antrag auf den Bau eines »Landhauses« auf dem Grundstück Eisenbahnstraße 134, als Besitzerin war am 7. 8. 1919 seine Frau im Grundbuch eingetragen worden; ab 1931 gibt es im Grundbuch verschiedene Einträge zu Zwangsversteigerungen, die aber wieder gelöscht werden. Ab 1938 weist das Grundbuch dennoch eine neue Besitzerin aus, und die Familie Davidsohn wohnt um 1940/42 und nach dem Krieg in Potsdam–Babelsberg.
Bis 1938 war Rudolf Davidsohn als Hypotheken– und Finanzmakler tätig; als ihm dies durch das Verbot der Geschäftstätigkeit für Juden nach dem 1. Januar 1939 untersagt ist, wird er als Vermittler von Patentfinanzierungen und der Auswertung von Patenten tätig. Dies wird ihm als unerlaubte »Neueröffnung eines jüdischen Gewerbebetriebes« ausgelegt. Die NSDAP–Reichsleitung meldet dies dem Regierungspräsidenten in Potsdam, gleichzeitig wird die Staatsanwaltschaft Potsdam benachrichtigt. Bereits 1940 hatte die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen Davidsohn ein Verfahren angestrengt, weil er in zwei Schreiben an das Amtsgericht seinen Zwangsvornamen »Israel« und seine Kennkartennummer nicht angegeben hatte. Er wird deshalb im August 1940 zu einer Geldstrafe von 150 RM verurteilt. Vom 11. 7. bis 22. 10. 1940 sitzt er deshalb auch in » Schutzhaft« bei der Gestapo Potsdam. Im Februar 1942 kommt es wegen des Vorwurfs der unerlaubten Geschäftstätigkeit zur Verhandlung vor dem Landgericht Potsdam, die mit dem für die Zeit und einen »Juden« doch überraschenden Urteil endet: »Der Angeklagte wird auf Kosten der Reichskasse freigesprochen«.
Zu diesem Urteil beigetragen haben mag, dass Davidsohn mit einer »deutschblütigen« Frau verheiratet war, überdies war er Weltkriegsteilnehmer (»Vizefeldwebel«) und verständnisvolle Richter scheint er auch gefunden zu haben. Im Falle einer Verurteilung hätte ihm nach der Verbüßung einer Gefängnisstrafe eine anschließende Konzentrationslagerhaft gedroht. Die »Mischehe« mit einer nichtjüdischen Frau hat ihn auch vor der Deportation bewahrt und sein Überleben ermöglicht.
Im Juni 1945 teilt der Geschäftsführer der » Volt–AG« in Werder, Fährmann, mit, dass er »den Juden Rudolf Davidsohn, Babelsberg, [verpflichtet habe], die Interessen des Unternehmens […] wahrzunehmen«.
Quellen: BLHA: Rep. 2 A I HG 3684 (Strafsache Davidsohn), Rep. 5E Amtsgericht Potsdam, Nr. 5163, Rep. 250 Landratsamt Zauch–Belzig, Nr. 456 (Bl. 118), GB Werder, Bd. 11, Bl. 746; SAW: Bauakte, Adressbücher von Werder.