Familie Fleck

Oscar Fleck, geb. 16.6.1877 in Iserlohn, seit etwa 1930 in Werder, verstorben am 23.8.1940 in Berlin.

Margarete Fleck, geb. Guttsmann, geb. 31.1.1892 in Berlin, deportiert am 29.5.43 von Berlin nach Theresienstadt, am 12.10.44 von Theresienstadt nach Auschwitz, dort ermordet.

Werner Josef Fleck, geb. 13.12.1922 in Berlin, deportiert am 12.1.1943 von Berlin nach Auschwitz, dort am 22.2.1943 ermordet.

Heinrich Wolfgang Fleck, geb. 6.5.1925 in Berlin, 1939 nach England emigriert, weiteres Schicksal war nicht zu ermitteln.

Adresse in Werder:  Am Zernsee 5

 

Oskar Fleck hat nach dem Abitur in der elterlichen Bank in Iserlohn eine Banklehre absolviert und war später für die Deutsche Bank in Hamburg und in London tätig gewesen. Während des 1. Weltkrieges war er als Deutscher auf der Isle of Man interniert. Oscar Fleck wurde im Jahr 1922 Prokurist des Bankhauses Dreyfuß & Co in Berlin.

Im Jahr 1921 oder 1922 heiratete er Margarete Guttsmann. In den Jahren 1922 bzw. 1923 wurden die Söhne Werner und Heinrich geboren. Das Ehepaar Oscar und Margarete Fleck übersiedelte etwa 1930 mit den beiden Söhnen nach Werder. Sie bezogen eine großzügige Villa »Am Zernsee 5« mit Obst– und Gemüsegarten und einem Bootshaus. Darüber hinaus besaßen sie in Werder noch ein weiteres Grundstück in der Schönemannstraße 13.

Am 11. November 1938 drangen sieben Männer, mit Feuerwehräxten bewaffnet, um 6 Uhr früh in die Villa ein. Sie warfen die Familienmitglieder aus den Betten und zertrümmerten systematisch die Einrichtung. Im Obergeschoß wurden die Gläser mit dem eingemachten Obst zerschlagen, so dass die Flüssigkeit durch die Decke sickerte. Auf die Betten, Matratzen und sonstigen Möbel sowie das Klavier wurde eingehackt, Gardinenstangen und Vorhänge wurden heruntergerissen, Ölgemälde zerschnitten, Porzellan zerbrochen, Lampen zerschlagen, der Bücherschrank umgekippt, die Toilettenbecken und Waschbecken zertrümmert und die Fensterscheiben eingeschlagen. Freunde der Familie halfen am selben Tag beim Aufräumen und haben von 10 bis 16 Uhr nur die Glasscherben zusammengefegt.

Die Söhne waren Fahrschüler. Sie sind an diesem Tag im Vorortzug von Werder nach Berlin von Mitschülern so verprügelt worden, dass sich der Ältere ( Werner) davon körperlich und seelisch nie mehr erholen konnte. Am Nachmittag desselben Tages haben die Eltern ihre Söhne nach Berlin zu einem Geschäftsfreund von Oscar Fleck gebracht. Es war beabsichtigt, beide Söhne mit Hilfe des »Movement for the care of children from Germany« in Sicherheit zu bringen. Werner, der Ältere, war so eingeschüchtert, dass er die Untersuchung zur Auswanderung beim englischen Konsul nicht bestand. Heinrich dagegen gelangte am 22.8.1939, also unmittelbar vor Kriegsbeginn, mit einem Kindertransport nach England. Wie aus der Akte des Oberfinanzpräsidenten hervorgeht, hatten auch Oscar und Margarete Fleck 1939 die Absicht auszuwandern, und auch der Sohn Werner unternahm einen zweiten Anlauf und reicht noch am 19.8.1939 Verzeichnisse für Reisegepäck ein. Der Kriegsbeginn hat beides offensichtlich verhindert.

Die Eltern und Werner verzogen Ende 1939 oder Anfang 1940 nach Berlin in die Nassauische Straße in Berlin–Wilmersdorf. Von dort wurde Oscar Fleck in das KZ Sachsenhausen eingewiesen, wo er schwer erkrankt ist. Als er nach etwa 6 Monaten entlassen wird, ist seine Gesundheit zerrüttet. Am 12. August 1940 wird er in das Jüdische Krankenhaus in Berlin eingeliefert, wo er am 23. August 1940 verstirbt. Nach dem Tod ihres Mannes zieht Margarete Fleck mit dem Sohn Werner in die Mommsenstraße in Berlin–Charlottenburg. Frau Fleck erleidet 1940 einen Nervenzusammenbruch und ist herzkrank. Im August 1941 stürzt sie erstmals in einem Schwindelanfall auf der Straße und wird linksseitig gelähmt. Am 12.1.1943 wird der 20–jährige Werner Fleck mit dem 26. Ost–Transport nach Auschwitz deportiert, wo er ermordet wird. Von Margarete Fleck wird berichtet, sie habe sich am 26.5.1943 in das »Jüdische Siechenheim« in der Auguststraße in Berlin–Mitte eingekauft, das aber zwei Tage später geräumt wurde. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind mit dem 90. Altentransport nach Theresienstadt verschleppt worden. Am 12.10.1944 wird sie von dort nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Von der Familie, die einst in Werder gelebt hatte, hat allein Heinrich Fleck in London die Verfolgung überlebt. Henry, wie er sich nun nannte, hat dort als Hilfskraft in Hotels zu arbeiten begonnen und hat im Hotelfach Arbeit gefunden.

Quellen: BLHA: Rep. 36 A, F 406; SAW: Schadensliste vom 21.12.1938; BEG–Akten Nrr. 152.862, 152.863, 252.133; NLA 110 W Acc. 31/ 99 Nr. 225096 und 232436; Sterbebücher von Auschwitz, Bd. 2 Namensverzeichnis, S. 295 (zu Werner Fleck).