Ein Gruppenbild vor dem Cafe Jacob auf der Inselstadt, aufgenommen am 30. Juni diesen Jahres: in der Mitte ein älteres Paar, möglicherweise auf Urlaub. Aber warum gerät den Herren und der Dame, die das Paar einrahmen, das Lächeln auf den Mienen so, als wüssten sie nicht Recht, ob Lächeln am Platze sei ?
Die Szene zeigt den Besuch von Frau Dorothy Graff und Herrn Felix Wyss aus Melbourne (Australien). Sie waren zu Gast bei der Werderaner Gruppe „Erinnern und Bewahren“, die letztes Jahr das Gedenkbuch „Jüdische Schicksale“ für Werder herausgegeben hatte. Darin ist auch das Schicksal der Familie Max Jacob dokumentiert.
Max Jacob hatte im Gebäude des heutigen Cafe Jacob sein Kaufhaus betrieben, bis sein Ladengeschäft beim Novemberpogrom 1938 verwüstet wurde und er das Geschäft aufgeben musste. Max Jacob wurde im Zuge der Shoa umgebracht, wie seine drei Kinder Käthe, Hans und Kurt, sowie vier seiner Geschwister, – Leo, Julius, Sali und Rosa.
Einzig Blanca Graff, eine Schwester von Max Jacob, hat die Verfolgung überlebt. Sie war mit ihrem Mann Benno Graff 1943 von Berlin in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert worden. Benno Graff ist dort im Herbst 1944 verhungert. Blanca Graff konnte im Februar 1945
Theresienstadt mit dem Zug in Richtung Schweiz verlassen. Diese Aktion war von der Union Orthodoxer Rabbiner in den USA und Kanada über einen Schweizer Vermittler mit Heinrich Himmler ausgehandelt worden. Sie stand in Zusammenhang mit dem Versuch der SS, unmittelbar vor der Niederlage des faschistischen Deutschland für die Freilassung der noch im deutschen Machtbereich lebenden Juden Lösegeld zu erpressen.
Dorothy Graff ist die Enkelin von Blanca Graff, also eine Großnichte von Max Jacob. Ihre Eltern konnten im Februar 1939 nach Australien auswandern. Eine wahrhaft denkwürdige Begegnung also, für deren Zustandekommen die Gäste wie die Gastgeber ihren Dank ausgesprochen haben; sie war für beide Seiten eine Freude.
Heinz Burghardt
9.7.17